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Buchbesprechungen

Wissen ist ein elementarer Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft und viel Wissen findet sich in Büchern. Die Demokratiebegleiter/-innen wählen deshalb Bücher mit gesellschaftlich relevanten Themen aus. Das Besondere dabei ist, dass sie diese auch selber rezensieren.

 

Jürgen Wiebicke

Zehn Regeln für Demokratie-Retter

Landeszentrale für politische Bildung
Erstausgabe: 2017

Einen Tag nach der Trump-Wahl fiel die Entscheidung für den Journalisten und Schriftsteller Jürgen Wiebicke, diesen Demokratie-Ratgeber zu schreiben. Ein Büchlein gegen den Rechtspopulismus, gegen die Krisen in der Demokratie, für mehr Zuversicht, mit vielen Anregungen zum eigenen Handeln. „Demokratie ist immer unfertig“, lautet sein Wahlspruch, „man kann und muss weiter an ihr arbeiten.“
Im Zuge der Globalisierung wird die Macht und die Machtausübung für den Menschen immer diffuser. Wir wissen oft nicht mehr, wer die Strippen zieht. Umso wichtiger ist es, sich als „Demokratie-Retter“ für die Gesellschaft einzusetzen. Dabei gilt es nach Wiebickes Einschätzung, zehn Regeln zu beachten.

Seine erste These lautet „Liebe deine Stadt“. Selbst in Hochhaussiedlungen mit sozialen Brennpunkten gibt es Positives. „Hier halten die Menschen zusammen“ hört man von den Anwohnern, die oft ein starkes Wir-Gefühl entwickeln. „Demokratie muss Erfahrungsräume schaffen“, sagt der Journalist, „in denen wir uns in unserer Verschiedenheit begegnen und merken, dass man diese Räume weiter verschönern kann.“      

„Mache dir die Welt zum Dorf“ fokussiert das Geschehen auf das Wohnumfeld, wo man ein wirkungsvolles soziales Netz knüpfen kann. Hier greift das Konzept des „Community Organizing“, eine demokratische Basis, bei der die Beziehung vor dem Projekt steht.

Sein dritter Rat: „Bleibe gelassen im Umgang mit Demokratie-Verächtern“. Statt die Anhänger des Rechtspopulismus zu verdammen sei es besser, diese näher kennenzulernen. Denn gewinnen kann man nur gegen Gegner, die man kennt.

„Fürchte dich nicht vor rechten Schein-Riesen“ lautet seine vierte Regel. Die neue Rechte ist schlau, aber noch lange nicht klug. Sie hat denkbar wenig Vorschläge zur Verbesserung der Gesellschaft. In lokalen Gelegenheiten, Schulen, Bürgerhäusern, Institutionen muss man den zivilisierten Meinungsstreit mit den Rechten suchen.

„Verliere nicht den Kontakt zu Menschen, die nicht deiner Meinung sind“. Fast anachronistisch ist es, auch die guten Ideen der Gegner ungeprüft zu verwerfen. Demokratie ist weniger Macht- als Lebensform. Weg von dem Feind-Freund-Bild, hin zu mehr Kooperation.

„Packe die Probleme nicht in Watte“. Arg verkümmert ist die Kultur des öffentlichen Gesprächs. Dabei darf man seine Augen nicht vor unangenehmen Wahrheiten verschließen, sonst wird man angreifbar und als „Gutmensch“ abgestempelt.

„Verabschiede dich von der Attitüde, eigentlich gegen diese Gesellschaft zu sein“. Jeder ist ein Teil des Establishments. Viele reden und handeln sich ärmer, als sie es faktisch sind. Viele haben aber das Gefühl, nicht dazuzugehören. Daraus entwickelt sich oft eine politische Lethargie. Das Gefühl für die eigene Verantwortung muss wieder gestärkt werden.

„Warte nicht auf den großen Wurf“. Weg von den Utopien, die nicht erreichbar sind, hin zu den kleinen Schritten. „Wir müssen die politische Mitgestaltung dieser Gesellschaft als unser Projekt betrachten“, sagt Wiebicke. Wir müssen nur den nächsten Schritt tun.

„Wehre dich, wenn von „den“ Politikern die Rede ist“. Die grassierende Politikverachtung ist für den Autor „eine traurige Tatsache“. Was das Sozialprestige angeht, rangieren Abgeordnete ziemlich weit unten. Wer pauschal „die“ Politiker an die Wand stellt, hat die halbe Strecke zum populistischen Denken schon geschafft.

„Verbinde Gelassenheit mit Leidenschaft“. Eigentlich paradox, aber es trifft den Kern der Sache: Als Demokrat sollte man Probleme nicht beschwichtigen, aber auch nicht ständig den Alarmknopf drücken. Die Tugend der ‚Gelassenheit braucht die Leidenschaft als Schwester an seiner Seite.

Insgesamt ein kurzweiliges Buch mit Ausflügen in die Bereiche Journalistik und Populärwissenschaften.

Jürgen Wiebicke: „Zehn Regeln für Demokratie-Retter“, erschienen 2017 bei der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 10089, ISBN 978-3-7425-0089-2